Beschwerden managen — mehr Patientenzufriedenheit im Spital
Beschwerden und Reklamationen sind eine lästige Angelegenheit. Sie lassen sich kaum vermeiden und oftmals scheinen sie nicht gerechtfertigt. Schnell fühlen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich angegriffen – eine schlechte Basis, um das Thema professionell zu bearbeiten. Zudem lassen die engen Zeitfenster des Spitalbetriebes kaum Freiräume, sich den Patienten oder Angehörigen im geforderten Masse zu widmen. Da entsteht leicht die Tendenz sich aus der Verantwortung zu ziehen oder die angesprochenen Probleme zu bagatellisieren.
Ein professioneller Umgang mit Beschwerden kann in vielen Fällen einen wertvollen Beitrag zur Qualitätsentwicklung des Unternehmens leisten. Prozesse und interne Abläufe können im Sinne der Patienten und Angehörige optimiert, die Reputation des Spitals sogar gesteigert werden. Dies mag im ersten Moment vielleicht paradox klingen. Untersuchungen zeigen jedoch sehr deutlich auf, dass Patienten und Angehörige sich durch ein gezieltes Beschwerdemanagement persönlich aufgewertet fühlen und in Folge eher bereit sind, das Unternehmen positiv wahrzunehmen.
Vier Schritte zur Lösung
Auf den ersten Blick scheint das Thema sehr komplex. Bei genauer Betrachtung fällt jedoch auf, dass die meisten Beschwerden unmittelbar und ökonomisch effizient bearbeitet werden können. Nur ein sehr kleiner Teil der Beschwerden landet auf dem Schreibtisch der Spitaldirektion und erfordern sogar juristischen Beistand. Mit einer professionellen Kommunikationstechnik sowie der richtigen Verhaltensstrategie können auch schwierige Situationen rasch gemeistert und im Sinne aller Beteiligten gelöst werden.
Schritt eins: Verständnisvolles Zuhören
Auf der Dienstleistungshierarchie erscheint es oft zuunterst und dennoch, nehmen Sie das Thema „Beschwerden“ ernst. Suchen Sie wenn möglich einen ruhigen Raum, oder einen ruhigen Moment, setzen Sie sich auf gleiche Augenhöhe mit der Person die eine Beschwerde vorbringt und sagen Sie innerlich „JA“ zu Ihrem Gegenüber. Kommunikation ist eine wunderbare Magie. Mit nur wenigen Worten können Sie Vieles bewegen. Die innere Haltung spielt dabei eine wesentliche Rolle. Versuchen Sie beim Zuhören gelassen zu bleiben, bewahren Sie eine Haltung der aufmerksamen Präsenz. Patienten wie Angehörige sind oftmals grossen psychosozialen Belastungen ausgesetzt. Stress, Angst und unsichere Prognosen können zu Überreaktionen oder zu Wahrnehmungsverzerrungen führen. Zeigen Sie Verständnis und versuchen sie die Welt mit den Augen Ihres Gegenübers zu sehen. Drücken Sie dieses Verständnis verbal und non-verbal aus. Äusserungen des Mitgefühls fangen aufgestauten Zorn ab und in vielen Fällen fühlen sich die Patienten oder Angehörigen schon erleichtert.
Je nach Kommunikationsstil Ihres Gegenübers kann auch bei Ihnen selbst eine unerwünschte emotionale Betroffenheit wie z.B. Ärger auftreten. Erlauben Sie sich dann, das Gespräch nach vorheriger Absprache zu delegieren. Eine hilfsbereite Kollegin wird gerne bereit sein, Sie zu unterstützen.
Schritt zwei: Den Sachverhalt klären
Sobald sich die aufgestaute Emotionalität gelöst hat, sollten Sie die Aufmerksamkeit auf den Sachverhalt der Beschwerde lenken. Mit offenen und verhaltensorientierten Fragen schälen sie die Ursachen und die beteiligten Personen heraus:
1. Beschreibung der konkreten Situation. (Was genau…)
2. Beschreibung des Verhaltens/Vorgehens der beteiligten Personen. (Wer … Wie…)
3. Das daraus entstandene Resultat.
Bleiben Sie sachlich, machen Sie sich schriftliche Notizen und wenn nötig, entschuldigen Sie sich im Namen der Abteilung. Das Entschuldigen ist hier als eine Form von Höflichkeit zu verstehen!
Das korrekte Verhalten bietet eine grosse Chance, die Qualität Ihrer Dienstleistung auf allen Ebenen zu bereichern. Dies bedeutet, dass die relevanten Informationen aus einer Beschwerde gesammelt und an die richtige Stelle weitergeleitet werden müssen. So stellen Sie sicher, dass nötige Veränderungen in die Wege geleitet werden.
Schritt drei: Erwartungen klären
Eine grosse Gefahr bei jeglicher Diskussion über Probleme, seien diese berechtigt oder nicht, besteht in der Fokussierung auf Defizite oder Versagen. Wenig produktiv kann das zu einer Verschlimmerung der Problemwahrnehmung führen. Das Reden über Probleme alleine hat noch selten etwas verändert. Wichtig ist in diesem Schritt der Gesprächsführung, dass Sie Ihr Gegenüber zu einem lösungsorientierten Denken ermutigen. „Betroffene zu Beteiligten machen“, eine alte Weisheit aus der Mediation, kommt hier zum Tragen. Fragen Sie, was Ihr Gegenüber genau möchte, was die optimalste Lösung für das Anliegen wäre.
Scheuen Sie sich bei diesem Gespräch nicht, die Tatsachen des Lebens höflich und bestimmt auszusprechen. Fehlende Parkplätze, unpräzise Termine, angeblich verschwundener Schmuck… Es gibt Dinge, die lassen sich erst einmal nicht verändern. Bleiben Sie dabei stets sachlich, bestimmt und bewahren Sie Ihre eigene innere Präsenz.
Teilen Sie dann dem Patienten oder den Angehörigen die nächsten Schritte mit. Treffen Sie eine möglichst genaue Vereinbarung. Dies muss nicht die unmittelbare Zufriedenstellung bedeuten. Es soll jedoch eine Lösungsabsicht erkennbar sein.
Schritt vier: Erwartungen erfüllen
Versuchen Sie die getroffene Vereinbarung so bald als möglich zu erfüllen. Je länger Angehörige oder Patienten warten müssen, desto schneller kann eine Beschwerde zu einem Konflikt eskalieren.
Fragen Sie später noch einmal nach. Vergewissern Sie sich, dass alles getan wurde, was im Rahmen der Möglichkeiten liegt.
No-Go. Das geht auf gar keinen Fall!
- Den Mitarbeitern/Kollegen die Schuld geben: Das ist auf der ganzen Linie nicht nur unkollegial, es widerspricht auch jeglicher Logik. Ein Spital ist ein sehr komplexes System. Es gibt viele Kräfte, die in ihrer Wechselwirkung aufeinander einwirken. Alle Beteiligten in diesem System tragen eine Mitverantwortung. Und genau das sollte man auch kommunizieren.
- Sich rechtfertigen hat noch keine Probleme gelöst. Lassen Sie es einfach und suchen Sie besser gemeinsam einen Lösungsweg.
- Die Schuld beim Patienten suchen. Jenseits guter Sitten ist dies absolut unzulässig!
Die optimale Patientenzufriedenheit muss ein Anliegen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein. Beschwerden können immer auftreten. Der korrekte Umgang damit bietet eine grosse Chance, die Qualität Ihrer Dienstleistung auf allen Ebenen zu bereichern. Viel Erfolg!